Ältere Männer im Visier

"Deutschlands spektakulärste Kriminalfälle": Die tödliche Masche der "Schwarzen Witwe von Bodenfelde"

Aktualisiert:

von Claudia Frickel

Lydia L. wird als "Schwarze Witwe von Bodenfelde" bezeichnet. Sie soll Senioren Liebe vorgegaukelt haben, um an ihr Geld zu kommen.

Bild: picture-alliance/ dpa | Hubert Jelinek


Einsame Rentner nahm Lydia L. ins Visier: Die "Schwarze Witwe von Bodenfelde" lockte Senioren an und tötete vier von ihnen. Immer dabei: Ihr Gehilfe Siggi S. Ihr Motiv: Sie wollte das Geld ihrer Opfer

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Das ist die Masche der "Schwarzen Witwe" von Bodenfelde

Eine gemeinsame Zukunft, ein spätes Glück und Pflege: Das wünschen sich die älteren Männer, die auf die Kontaktanzeigen von Lydia L. antworten. Denn genau das verspricht die Frau im Text. Die wohlhabenden Rentner sind allesamt alleinstehend und suchen Gesellschaft. Genau das wird ihnen zum Verhängnis. Denn die "Schwarze Witwe von Bodenfelde" führt nichts Gutes im Schilde.

Den Namen bekommt sie verpasst, weil sie Männer mit Liebe ködert, um sie dann zu töten. In der Natur ist die Schwarze Witwe eine giftige Spinnenart, bei der das Weibchen das Männchen nach der Paarung umbringt.

So ähnlich ist auch die Masche von Lydia L. Mit Charme und Berechnung versucht sie, das Vertrauen eines Opfers zu gewinnen. Dann lädt sie es ein, bei sich zu wohnen. Damit schnappt die Falle endgültig zu. "Wenn sie einen Opa hat, lässt sie ihn nicht mehr laufen", sagt ihr Gehilfe Siggi S. später vor Gericht.

Ihr Plan: Sie will die Rentner finanziell ausnehmen. Das gelingt ihr auch - manche setzen sie als Alleinerbin ein, vermachen ihr Geld, Häuser und Grundstücke. Mindestens 500.000 Euro soll sie so erbeutet haben.

Die Frau und der 15 Jahre jüngere S. leben in Bodenfelde in Niedersachsen. Obwohl der Ort nur 3.000 Einwohner:innen hat, schöpfen die Nachbar:innen offenbar keinen Verdacht. Doch schon in den 1980er-Jahren ermittelt die Polizei mehrmals gegen Lydia L. Denn bereits damals sterben Männer, kurz nachdem sie eine Beziehung mit der ehemaligen Prostituierten eingehen.

Einer davon ist Ludwig G. aus Hessen. Der 82-Jährige überschreibt der damals 44-Jährigen unter anderem elf Grundstücke. Ein paar Monate später ist der bis dahin rüstige Rentner tot. Verwandte erstatten Anzeige. Allerdings können Ermittler:innen der Frau jahrzehntelang nichts nachweisen.

Die Wahrheit kommt erst ans Licht, als Siggi S. überraschend mehrere Morde gesteht. Die Polizei vernimmt ihn 2007 eigentlich als Zeugen in einer anderen Sache. Doch dann packt er aus. Wieso er das tut, siehst du in der Episode zur "Schwarzen Witwe" bei "Deutschlands spektakulärste Kriminalfälle".

Zuerst Beruhigungsmittel, dann der Mord: So töten Lydia L. und Siggi S.

Mehr als zwölf Männer sollen L. und S. über einen Zeitraum von über 20 Jahren abgezockt haben. Mindestens vier davon bringen sie auf grausame Weise um. Das Vorgehen ist immer ähnlich.

Das erste nachweisliche Mordopfer ist Günter S. Längere Zeit mischt die "Schwarze Witwe" dem 74-Jährigen Betäubungsmittel in die Erbsensuppe. Als er wegen seiner Müdigkeit zum Arzt gehen will, soll die Frau zu ihrem Gehilfen gesagt haben: "Der muss weg". Der zerrt den benommenen Rentner im Juni 1994 in ein Wohnmobil. Während sie den Wagen fährt, erstickt er den Senior mit einer Plastiktüte. Auf einem Parkplatz an der Autobahn 7 im Landkreis Göttingen übergießt er die Leiche mit Benzin und zündet sie an.

Der zweite Mord folgt nicht einmal drei Monate später. Den 84-jährigen alten Adolf B. heiratet Lydia L. im April 1994. Als er sich scheiden lassen will, verabreicht sie ihm eine hohe Dosis an Beruhigungspillen, ebenfalls mit der Erbsensuppe. Der Mann schläft am Tisch ein. Siggi L. trägt ihn ins Bett und erstickt ihn mit einem Kissen. Ein Arzt stellt eine natürliche Todesursache fest.

Von diesem Tod profitiert sie lange Zeit: Die Frau bezieht 13 Jahre lang eine Witwenrente von 550 Euro pro Monat. Außerdem erbt sie das Haus des Opfers. Das zündet ihr Helfer nach eigener Aussage mehrmals an, damit sie Versicherungsgelder ergaunern kann.

Den dritten Mord verüben die beiden im April 1995: Wie bei den vorherigen Verbrechen verabreicht sie dem 81-jährigen Paul G. Tabletten, danach erstickt er den Senior. Dann verbrennen sie die Leiche an einer Autobahn in Thüringen. Der letzte bekannte Mord geschieht im Juli 2000 bei Hannover. Gerhard G. wird in seinem Haus mit einer Plastiktüte erstickt. Dann vergräbt das Paar die Leiche des 71-Jährigen in seinem eigenen Garten.

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"Wenn ich hier fertig bin, klicken die Handschellen", sagt Siggi L. unvermittelt, als die Polizei ihn als Zeugen anhört. Anschließend erzählt er den Beamt:innen von den Morden. 2008 kommt es zur Anklage gegen ihn und Lydia L. Die 69-Jährige bestreitet alle Vorwürfe. Angeblich hat sie nichts von den Verbrechen ihres Gehilfen gewusst. Der habe die Männer aus Eifersucht getötet. Doch das überzeugt das Gericht nicht.

Im selben Jahr wird Lydia L. zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt. Deshalb kann sie nicht nach 15 Jahren Haft freigelassen werden.

Der 53-jährige Siggi S. muss wegen drei Morden und einem Totschlag zwölf Jahre ins Gefängnis. Sein Urteil fällt milder aus, weil er gestanden hat - und weil das Gericht davon ausgeht, dass er von Lydia L. psychisch abhängig ist. Eine Liebesbeziehung hatten die beiden nie, aber für ihn ist sie eine Art Familienersatz.

2008 wird übrigens auch der Sohn der "Schwarzen Witwe" festgenommen und angeklagt: Er soll sich einen Hilfsarbeiter wie einen Sklaven gehalten haben. Mit den Verbrechen seiner Mutter hat das aber nichts zu tun.

Mehr über die kaltblütigen Morde von Lydia L. und ihres Gehilfen erfährst du in der aktuellen Episode der Reihe "Deutschlands spektakulärste Kriminalfälle".


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