Langes und gesundes Leben

Longevity-Trend im Check: So kannst du dein biologisches Alter beeinflussen

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von Christian Vock
Gesunde Ernährung, ausreichend Sport, Magnesium-Tabletten: rund um den Longevity-Trend gibt es viele Mythen. Aber kann man sein Leben wirklich verlängern?

Ernährung, Sport, Vitamine: Was davon hat wirklich Einfluss auf das biologische Alter?

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Wie viele Menschen, schätzt du, sind in Deutschland über 100 Jahre alt? Tatsächlich sind es über 20.000 Personen. Wird ein Mensch überdurchschnittlich alt, spricht man von Longevity oder auch Langlebigkeit. Aber wie wird man so alt? Oder anders gefragt: Kann man sein biologisches Alter wirklich senken?

Was ist Longevity?

Alt zu sein, ist das eine, gesund alt zu sein, das andere. Wie man beides schafft, also möglichst lange möglichst gesund zu leben, damit beschäftigt sich die Longevity-Forschung. "Longevity ist inzwischen die medizinische Wissenschaft des gesunden Alterns", erklärt Professor Philip Schoettle. Schoettle ist Orthopäde an der iatros-Klinik in München sowie medizinischer Direktor des Knee and Health Institute, das sich auf Orthopädie und auf regenerative Medizin spezialisiert hat. Als Lonegvity-Experte hat Professor Schoettle das Galileo-Experiment (siehe unten) begleitet.

Die Longevity- oder auch Langlebigkeitsforschung untersucht verschiedene "Alterungsfaktoren" wie Genetik, Umweltbedingungen oder die Lebensweise. Neben dieser Forschung ist auch eine regelrechte Bewegung entstanden, die Longevity als Lebensstil begreift. Man findet zahlreiche Bücher oder Blogs zum Thema, es werden diverse Nahrungsergänzungsmittel angeboten, die Langlebigkeit versprechen, und wer möchte, kann sogar in "Longevity-Hotels" übernachten. Inzwischen gibt es auch die Deutsche Longevity Gesellschaft e. V. und sogar die Partei für Verjüngungsforschung.

In der Longevity Medizin analysiert ein Arzt zunächst bestimmte Faktoren eines Menschen wie den Stoffwechsel, die Zellaktivität, die Aktivität der Mitochondrien, die Ernährung oder das Bewegungsverhalten und erstellt dann einen Behandlungsplan. Mit diesem sollen dann Alterungsprozesse im Körper verlangsamt oder sogar umgekehrt werden, zum Beispiel mit einer Umstellung der Ernährung, Sport oder Nährstoff-Infusionen.

Man ist nie zu alt für Longevity. Man kann in jedem Alter damit anfangen.

Professor Philip Schoettle

Was passiert beim Alterungsprozess mit dir?

Dass wir altern hat verschiedene Gründe, je nach Perspektive. Grundsätzlich altern Lebewesen, damit sich die jeweilige Spezies langfristig an verändernde Bedingungen anpassen kann. Altern und die damit verbundenen Generationenwechsel sind also wichtig für die Weiterentwicklung einer Spezies. Beim Alterungsprozess selbst hören gesunde Zellen irgendwann auf, sich zu teilen und können sich damit nicht mehr erneuern.

Gleichzeitig verlieren Zellen irgendwann bestimmte Funktionen, zum Beispiel durch externe Faktoren wie UV-Strahlung, Umweltgifte oder freie Radikale im Körper und durch interne Faktoren wie die Abnahme der Reparaturfähigkeit des Körpers mit zunehmendem Alter. Das kann dann zu Krankheiten und Entzündungen führen.

Ein paar Fakten zur Lebenserwartung

  • Die Lebenserwartung in Deutschland liegt aktuell bei Männern bei 78,2 Jahren und bei Frauen bei 83,0 Jahren.

  • Baden-Württemberg ist schon seit längerer Zeit das Bundesland in Deutschland mit der höchsten Lebenserwartung bei Geburt: die Lebenserwartung bei Männern liegt hier bei 79,6 Jahren und bei Frauen bei 83,9 Jahren.

  • Die niedrigste Lebenserwartung bei Geburt haben Männer in Sachsen-Anhalt mit 75,5 Jahren und Frauen im Saarland mit 81,9 Jahren.

  • Bis zur Sterbetafel 2006/2008 ist die Lebenserwartung in Deutschland im jährlichen Durchschnitt relativ kontinuierlich angestiegen. Bei Männern um 0,3 Jahre und bei Frauen um etwa 0,2 Jahre.

  • Seit Ende der 2000er-Jahre fiel dieser Anstieg wegen starker Grippewellen und dann wegen der Corona-Pandemie geringer aus. Vergleicht man die Sterbetafeln von 2017/2019 und 2021/2023 ist die Lebenserwartung wegen der hohen Sterbezahlen durch Corona sogar etwas zurückgegangen.

Was ist das biologische Alter?

Während man das kalendarische Alter an der Geburtsurkunde sehen kann, ist die Ermittlung des biologischen Alters komplexer. Unter biologischem Alter versteht man den Zustand unseres Körpers, seiner Zellen und Organe. Diesen Zustand kann man natürlich bei seinem Arzt checken lassen, es gibt aber auch online verschiedene Test, etwa bei Krankenkassen. Dort muss man Werte wie Größe, Gewicht, Bauchumfang, Blutdruck, Cholesterinwerte und den nüchternen Blutzuckerspiegel angeben. Gleichzeitig gibt es auch (Selbst-)Tests mit sogenannten epigenetischen Markern. Je nach Ergebnis kann das biologische Alter vom kalendarischen Alter abweichen – in beide Richtungen. Wie genau die verschiedenen Verfahren zur Bestimmung des biologischen Alters sind, darüber gibt es aber unterschiedliche Meinungen.

Das Galileo-Longevity-Experiment

Galileo wollte es wissen und hat die beiden Probanden Patricia (32) und Tobias (36) ein Longevity-Experiment machen lassen. Die Frage: Schaffen die beiden es, ihr biologisches Alter zu senken und wenn ja, um wie viele Jahre?

Dafür haben Patricia und Tobias zwei Monate lang unter Begleitung von Professor Schoettle Longevity-Methoden ausprobiert – in zwei Varianten. Patricia soll mit wenig Aufwand und ohne Extra-Kosten ihr biologisches Alter verringern. Tobias versucht das auch, bekommt aber zusätzliche Anwendungen wie zum Beispiel Nährstoff-Infusionen, muss also mehr Geld und mehr Zeit investieren.


Kann man sein biologisches Alter senken?


Longevity-Methoden im Galileo-Experiment:

  1. Blutanalysen

  2. Fasten

  3. Intervall-Fasten

  4. Ernährung überwiegend aus Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Samen, Nüssen, Blattgemüse, Beeren und Fisch

  5. Keine Fertigprodukte, Zucker und Alkohol

  6. Nährstoff-Infusionen

  7. Sport in Form von Ausdauer- und Krafttraining

  8. Hypoxie-Training, also sogenanntes Höhentraining oder eine Höhentraining-Simulation

  9. Entspannungsverfahren

Kann man sein biologisches Alter wirklich senken?

Wie werde ich möglichst gesund möglichst alt? Diese Frage stellen sich Menschen nicht erst seit ein paar Jahren. So gibt es bereits Untersuchungen über die sogenannten "Blue Zones", das sind Gebiete auf der ganzen Welt, in denen die Menschen überdurchschnittlich alt werden. Außerdem hat sich eine Studie damit beschäftigt, welche Rolle bestimmte Persönlichkeitsmerkmale auf die Lebenserwartung spielen.

Auch die Erkenntnisse der Langlebigkeitsforschung decken sich mit diesen Studien in vielen Bereichen. Die Ergebnisse all dieser Untersuchungen: Ja, neben den Genen gibt es einige Faktoren, mit denen man sein Leben verlängern beziehungsweise sein biologisches Alter senken kann. Dazu gehören:

  • ausreichend Schlaf

  • kein oder nur sehr wenig Alkohol

  • nicht rauchen

  • Möglichkeiten zum Stressabbau

  • eine gesunde, also ballaststoff-, vitamin-, eiweißreiche und mäßige Ernährung, am besten vegetarisch oder mit gelegentlichem Verzehr von Fisch; ausreichend Wasser trinken; keine Fertigprodukte; gesunde Fette, zum Beispiel von Lein- oder Olivenöl

  • tägliche Bewegung, selbst bis ins hohe Alter

  • Eingebundenheit in ein soziales Netzwerk aus Familie, Religions-, Dorf-, Haus- oder einer anderen Gemeinschaft

  • ein Lebenssinn, der auch praktisch gelebt wird

  • bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie Neugier, eine positive Grundhaltung, Resilienz, Selbstbestimmtheit oder Verbindlichkeit

Zu sagen, dass wir eine reelle Chance haben, 100 zu werden oder gar noch älter, ist nicht aus der Luft gegriffen.

Professor Philip Schoettle