Fast wie eine echte Fahndung
"Spuren" am Samstag kostenlos streamen: Das sind die wahren Hintergründe der Serie
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von teleschau - Eric LeimannSelten wurde Polizeiarbeit im deutschen Krimi so realistisch gezeigt: SOKO-Leiterin Barbara Kramer (Nina Kunzendorf) und ihr Kollege Thomas Riedle (Tilman Strauß) müssen den Mord an zwei jungen Frauen aufklären.
Bild: © SWR/Luis Zeno Kuhn
Die vierteilige ARD-Miniserie "Spuren" (Samstag, 15. Februar, 20:15 Uhr, Das Erste) erzählt die wahre Geschichte zweier Morde an jungen Frauen, die im ländlichen Südbaden 2016 getötet wurden. Nina Kunzendorf spielt die Chef-Ermittlerin in der ungewöhnlichen True-Crime-Produktion. Wird der echte Fall exakt nacherzählt?
Die dritte Folge "Spuren - Blutregen" läuft am 15. Februar um 21:45 Uhr
Wer die langsam erzählte, aber gerade deshalb spannende Miniserie "Spuren" verfolgt, hat das Gefühl, in einer True Crime-Dokumentation gelandet zu sein. Es gibt keine Schusswaffen-Einsätze, Verfolgungsjagden oder andere typische Spannungselemente, die normalerweise zum kleinen Krimi-Einmaleins gehören. Alles wirkt sehr echt.
Trotzdem - oder gerade deshalb - entwickelt die Miniserie, die zur besten Sendezeit in der Samstags-Primetime ausgestrahlt wird, über ihre drei Stunden Laufzeit einen besonderen Sog: Durch die Augen, Ohren und Köpfe der Ermittler:innen löst man die Fälle quasi mit. Jede Spur, der die SOKO in ihrer Arbeit nachgeht, wird in gefühlter Echtzeit inszeniert. So vermittelt "Spuren", wie echte Polizeiarbeit funktioniert.
Deutsche Bilanz: 61 Serienmörder in über 40 Jahren
Aber wurden die echten Fälle eins zu eins nachgestellt? Ja und nein. Tatsächlich ereigneten sich 2016 zwei Morde an jungen Frauen in räumlicher Nähe. Im Sachbuch "SOKO Erle", das dem Drehbuch zugrunde liegt, erzählt Walter Roth - Pressesprecher der Polizei - den Fall nach. Es geht um die 27-jährige Joggerin Carolin G., die am helllichten Tag am Kaiserstuhl ermordet wurde. Die Ermittlungen erregten internationales Aufsehen und dauerten mehrere Monate. Dabei wurde 4.000 Spuren nachgegangen, Hunderte von Hinweisen wurden überprüft, DNA-Proben von Männern aus der Region gesammelt, Drohnen und Suchhunde kamen zum Einsatz.
Da ein Zusammenhang mit einem anderen Mord an einer jungen Frau in Freiburg vermutet wurde, befürchtete man zunächst, dass ein Serienmörder in der Region sein Unwesen trieb. Doch obwohl Wiederholungstäter im Krimi häufig vorkommen, sind in der Realität eher selten. Eine Studie des Kriminalisten Stephan Harbort identifizierte zwischen 1945 und 1995 insgesamt 61 verurteilte Serienmörder in Deutschland: 54 Männer und sieben Frauen.
Achtung, Spoiler zur Serie: Bei den beiden Morden in Südbaden 2016 stellte sich heraus, dass es zwei Täter gab, die nichts miteinander zu tun hatten. Über die Arbeit der SOKO Erle wurde der Mörder von Carolin G. ermittelt und im Dezember 2017 wegen Mordes und schwerer Vergewaltigung zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch der Freiburger Täter wurde ermittelt, übrigens deutlich schneller.
"Es wäre respektlos gewesen, dort wieder alte Wunden aufzureißen"
Peter Egetemaier, ehemaliger Leiter der Kriminalpolizei Südbaden, erinnert sich daran, dass der vermutete Serienmörder damals einen ganzen Landstrich in Angst und Schrecken versetzte: "Man kann sagen, dass es in der Region eine gewisse Schockstarre gab. Speziell Frauen trauten sich nicht mehr allein auf die Straße, solange wir die Fälle nicht geklärt hatten. Die Anmeldezahlen zum Freiburger Marathon zum Beispiel gingen damals massiv zurück, weil Frauen nicht mehr wagten, draußen joggen zu gehen oder zu trainieren. Das war eine absolute Ausnahmesituation."
In der Realität waren es übrigens zwei SOKOs, die die Fälle bearbeiteten. Geleitet wurden sie von Männern. Die Figur Nina Kunzendorf als Chefin ist also fiktiv. Aus Respekt vor den Opfern wurde die Serie nicht in den Gemeinden gedreht, in denen die Frauenmorde tatsächlich stattfanden. Aus Gründen der Authentizität - es wird in der Serie viel Dialekt gesprochen - blieb man jedoch im ländlichen Baden-Württemberg. "Es wäre respektlos gewesen", äußerte sich Nina Kunzendorf im Interview mit der Agentur "teleschau" über die Drehorte, "in den echten kleinen Tatort-Gemeinden zu drehen - und dort wieder alte Wunden aufzureißen".