ARD-Krimi mit Wotan Wilke Möhring

"Tatort"-Doppelfolge: Diese wahre Skandal-Story steckt hinter dem Fall

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von teleschau

In der deutsch-niederländischen Koproduktion "Tatort: Ein guter Tag / Schwarzer Schnee" kämpfen die deutschen Ermittler Falke (Wotan Wilke Möhring, links) und Neuzugang Mario Schmitt (Denis Moschitto) mit der Holländerin Lynn de Baer (Gaite Jansen) gegen die Mocro-Mafia.

Bild: NDR/Georges Pauly


Zum ersten Mal entstand ein "Tatort" nach einer Titelgeschichte des "Spiegel". Deren Autor beriet nun auch die Produktion des Krimis. Spannend ist dies, weil man in den koproduzierenden Niederlanden nicht (nur) begeistert über den Text der Deutschen war. Dies sind die wahren Hintergründe des Krimis.


Die "Spiegel"-Titelstory "Käse, Koks und Killer" vom 15. Oktober 2021 sorgte international durchaus für Aufmerksamkeit - und für Kritik. Der Artikel zeichnet ein düsteres Bild der Niederlande, die er als Dreh- und Angelpunkt des europäischen Kokainhandels darstellt. Insbesondere der Hafen von Rotterdam spielt eine zentrale Rolle, denn große Mengen Kokain gelangen über die Niederlande nach Europa. Dies ist der Hintergrund zum neuen "Tatort"-Doppel "Ein guter Tag" (Sonntag, 21. Dezember, 20:15 Uhr, im Ersten und im ARD-Livestream bei Joyn) und "Schwarzer Schnee" (direkt im Anschluss, um 21:45 Uhr, und ebenfalls im ARD-Livestream bei Joyn). Kommissar Falke (Wotan Wilke Möhring) ermittelt im deutsch-holländischen Grenzgebiet.

"Frau Antje" mit Joint, Kokain und Kalaschnikow

Der "Spiegel" betont in der Story, dass die organisierte Kriminalität in den Niederlanden zunehmend brutal agiere: Die sogenannte "Mocro-Mafia", marokkanisch-niederländische Banden, sei für Schießereien, Bombenanschläge und Morde verantwortlich. Auch Journalisten, Anwälte und Staatsanwälte gerieten in Bedrohungssituationen. Symbolisch unterstreicht das Cover der Titelstory die These: Man sieht die stereotype Figur "Frau Antje" mit Joint, Kokain und Kalaschnikow in einem Käse, was den Kontrast zwischen gemütlichem Holland-Image und gefährlichem Narco-Staat überzeichnet.

Die Stärke der Geschichte liegt darin, dass sie ein reales Problem aufgreift: Die Niederlande sind tatsächlich ein zentraler Umschlagplatz für Kokain und die Gewalt in Zusammenhang mit Drogenhandel ist nachweisbar gestiegen. Außerdem richtet der Artikel internationale Aufmerksamkeit auf die Bedrohung durch organisierte Kriminalität und deren Vernetzung über Ländergrenzen hinweg - vor allem auch nach Deutschland, das die Mocro-Mafia als nahes Paradies für Geldwäsche und Investitionen in legale Projekte ausgemacht hat. Eben so, wie es auch im "Tatort"-Zweiteiler zu sehen ist.

Begriffe wie "Narco-Staat" oder "Mafiaparadies" irritierten die Niederländer

Kritisiert wird jedoch die analytische Einseitigkeit der Darstellung. Die Verbindung zwischen liberaler Drogenpolitik - insbesondere der Cannabis-Duldung - und der Gewalt durch Kokainbanden wird von Kritiker:innen der Story mitunter als stark vereinfacht bezeichnet. Fachleute weisen darauf hin, dass der Kokainhandel durch globale Nachfrage, internationale Lieferketten und Finanzstrukturen getrieben wird und nicht durch Coffeeshops oder vergleichsweise lockere Cannabisgesetze.

Auch die dramatisierende Sprache wie "Narco-Staat" oder "Mafiaparadies" sowie das plakative Cover werden als klischeehaft und herabsetzend empfunden. Insgesamt war die Titelstory ein wirkungsvoller Alarmruf, der auf die wachsende Bedrohung und den Einfluss durch organisierte Drogenkriminalität aufmerksam macht. Sie sensibilisiert für ein reales Problem, bleibt aber in der Ursachenanalyse einseitig und dramatisiert die Situation, wodurch sie weniger als ausgewogene politische Analyse, sondern eher als pointiertes journalistisches Statement zu verstehen ist.

Der spannend erzählte "Tatort"-Fall beginnt nun mit einem Deutschen, der spurlos von einem Campingplatz in der Grenzregion verschwindet. Er war als verdeckter Ermittler tätig, wie sich bald herausstellen wird. Falke beginnt zu ermitteln. Dafür stehen ihm zur Seite: die niederländische Ermittlerin Lynn de Baer (Gaite Jansen) und - bis auf Weiteres dauerhaft - Cyber-Kriminalist Mario Schmitt, gespielt von Denis Moschitto. Die Gnadenlosigkeit des Organisierten Verbrechens lässt dem für diesen Fall zusammengewürfelten Trio kaum Luft zum Atmen.


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