Anime-Prequel mit hohem Nostalgiefaktor

"Die Schlacht der Rohirrim" im Kino - Die größte Stärke des "Der Herr der Ringe"-Films ist auch seine Schwäche

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von jb
Der Herr der Ringe - die Schlacht der Rohirrim - Kinoplakat

"Die Schlacht der Rohirrim" erzählt von einem Krieg 200 Jahre vor "Der Herr der Ringe".

Bild: 2024 Warner Bros. Entertainment Inc.


Ab dem 12. Dezember läuft der neue "Herr der Ringe"-Film "Die Schlacht der Rohirrim" in den deutschen Kinos. Wir haben uns den ersten Mittelerde-Anime angesehen und verraten in unserer spoilerfreien Kritik, ob sich der Ausritt ins Kino lohnt.

Darum geht's in "Die Schlacht der Rohirrim"

Der Anime-Ableger aus der "Herr der Ringe"-Welt spielt rund 200 Jahre vor den Ereignissen der Original-Trilogie und stellt zwei legendäre Figuren von Mittelerde vor: Helm Hammerhand, mächtiger König von Rohan und dessen Tochter Héra. König Helm gab der Festung Helms Klamm, in der Aragorn und seine Gefährten in "Die zwei Türme" kämpften, ihren Namen. In "Die Schlacht der Rohirrim" erfahren wir, wie es dazu kam.

Zu Hammerhands Regierungszeit sieht sich Rohan mit einer Bedrohung durch die Dunländer und ihren erbarmungslosen Anführer Wulf konfrontiert. Aus Rache für denTod seines Vaters Freca überzieht er Rohan mit Krieg. Der König und sein Volk ziehen sich in die alte Festung Hornburg zurück. In dieser ausweglosen Lage ist es an Héra, ihr Volk zu verteidigen.


Wie kam es zum "Herr der Ringe"-Anime?

Zehn Jahre waren ohne neue Filme aus dem "Herr der Ringe"-Kosmos ins Land gegangen, da suchten die Verantwortlichen bei den Filmstudios Warner Brothers nach einem Weg, die Markenrechte zu behalten. Die Idee: Ein Animationsfilm muss her, denn der lässt sich deutlich schneller und kostengünstiger realisieren als monumentale Realfilmprojekte.

Mit dem Japaner Kenji Kamiyama (u. a. "Star Wars: Visions" & "Ghost In The Shell: Stand Alone Complex") kam ein Anime-Experte als Regisseur ins Haus. Als Produzentin wurde zudem Philippa Boyens verpflichtet, die bereits am Drehbuch von Peter Jacksons "Herr der Ringe"-Trilogie beteiligt war.

Jetzt ist "Die Schlacht der Rohirrim" erschienen und bietet genau die Mittelerde-Nostalgie, die sich Tolkien-Fans erhofft haben. Die Stärke des Films ist jedoch auch seine große Schwäche.


"Der Herr der Ringe" kannst du am 24.12. um 20:15 Uhr auf ProSieben sehen:


Endlich wieder Mittelerde!

Gleich vorweg: "Die Schlacht der Rohirrim" ist ein gelungener "Herr der Ringe"-Film, denn er fängt die Atmosphäre von Mittelerde so gut ein wie keine andere Film- oder Serienproduktion seit Peter Jacksons Kinotrilogie. Schon ab der ersten Kamerafahrt über die felsigen Weiten von Rohan wissen Fans: Wir sind zu Hause! Die Animationen sind fast durchweg gelungen. Orte wie Edoras und Helms Klamm wirken trotz Anime-Look angenehm bekannt, die Figuren sind detailreich gestaltet. Einzig einige Geh-Animationen und das Zusammenspiel zwischen 2D-Vordergrund und 3D-Hintergrund wirken stellenweise unbeholfen.

Atmosphärisch fällt auch der Soundtrack aus. Die Stücke des Neuseeländers Stephen Gallagher fügen sich nahtlos in die Klangwelten von Original-Komponist Howard Shore ein und zitieren diese an den richtigen Stellen. Wenn das bekannte Rohan-Thema aus den Kino-Boxen dröhnt, kann man als Fan gar nicht anders, als eine Gänsehaut zu bekommen.

Die Dialoge sind klasse geschrieben und machen die Mittelalter-Stimmung am Hof von Rohan greifbar. Kindische Witze wie in den Hobbit-Filmen sucht man hier dankenswerterweise vergebens. Die Erzählerstimme (im Original von Miranda Otto, die Fans bereits als Eowyn aus Peter Jacksons Filmen kennen) fügt sich klasse in den Rest der Handlung ein. Ihre Sprechparts geben dem Film die intendierte Atmosphäre einer Lagerfeuer-Geschichte, die sich so auch Frodo und seine Gefährten erzählen würden.

Mutlose Story und Klischee-Charaktere

Nur: Wo ist das große Epos, das jemand am Lagerfeuer erzählen möchte? Ausgerechnet die Story ist der große Schwachpunkt von "Die Schlacht der Rohirrim"! Wie schon Disney mit "Star Wars Episode 7" macht der Film den Fehler, eine bekannte Geschichte in leicht abgewandelter Form noch einmal zu erzählen. Der Anime traut sich nur selten, erzählerisch auf eigenen Beinen zu stehen, sondern bedient sich viel zu häufig am Original von Peter Jackson.

Königstochter Héra träumt genau wie Eowyn aus dem zweiten "Herr der Ringe"-Teil davon, die Ehre ihres Volkes auf dem Schlachtfeld zu verteidigen. Sie ist bereits von Anfang an eine mutige, moralisch gefestigte Heldin, die auch ohne harte Prüfungen alles beherrscht, was eben zur Rettung von Rohan nötig ist. Sie hat keine eigene Geschichte oder Entwicklung, die wir verfolgen möchten. Auch ihr Gegenspieler Wolf - am Anfang noch als verletzlicher Ausgestoßener charakterlich greifbar - bleibt ein Abziehbild-Schurke. So versickert auch die eigentlich spannend angelegte Story um den Konflikt zwischen Rohan und Dunland. Glücklicherweise sind Atmosphäre und Nostalgie stark genug, alles zusammenzuhalten.

Fazit: Gutes Popcorn-Kino für Weihnachten

Dank der optisch und musikalisch gelungenen Präsentation schickt dich dieser Film so stilsicher nach Mittelerde, wie seit "Die Rückkehr des Königs" schon lange nichts mehr. Um erzählerisch an die mit 17 Oscars ausgezeichnete Kinotrilogie heranzureichen, hätten sich der Film erzählerisch mehr trauen müssen und weniger auf Imitation setzen dürfen. Trotzdem bleibt "Die Schlacht der Rohirrim" gutes Popcorn-Kino für Weihnachten - und für Fans ist er sowieso ein Muss.



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